Über das Projekt

Mathilde Kralik (1857-1944) war eine österreichische Komponistin, die in ihrer Lebenszeit mehr als 250 Werke komponierte und am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde Komposition studierte. Obwohl Kralik zur damaligen Zeit als Pianistin und Komponistin äußerst aktiv war und eng in das musikalische Leben Wien eingebunden war, ist ihr Name aus dem kulturellen, vor allem aber kultur- und musikwissenschaftlichen Gedächtnis beinahe verschwunden. So findet sich, abgesehen von überblicksartigen Skizzen ihrer Biografie, keinerlei Auseinandersetzung mit ihrer Persona oder ihrem Schaffen.

Primäres Ziel dieser Edition ist es daher, mittels einer ersten editionswissenschaftlichen Aufarbeitung von Briefen und anderen Manuskripten ein tiefergehendes und detaillierteres Bild dieser österreichischen Komponistin zu ermöglichen und somit einen ersten Grundstein für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Mathilde Kralik zu legen.

Zugleich soll mit diesem Projekt auf den eklatanten Mangel an digitalen Editionen zu Frauen in der österreichischen Editionswissenschaft verwiesen werden. So wurden im Kontext digitaler Editionsprojekte mit Namen wie Schnitzler, Kraus und Hanslick zwar zahlreiche relevante Akteure der österreichischen Kulturlandschaft aufgearbeitet. Mit Ausnahme der Kurzedition zu Clara Pollaczek mangelt es an einer ähnlich detaillierten Auseinandersetzung mit kulturschaffenden Frauen im Rahmen von digitalen Editionen, was nicht zuletzt das Bild einer primär männlichen Kulturszene perpetuiert. Daher soll mit dieser Edition ein Schritt in Richtung einer diverseren Editionslandschaft gemacht werden.

Neben dieser dezidiert feministischen Position ermöglicht eine Aufarbeitung Mathilde Kraliks Korrespondenzen zudem einen tiefergehendes Verständnis der Wiener Musikszene von der Jahrhundertwende bis hin zur Mitte des 20. Jahrhunderts. So tauschte sich Mathilde Kralik in ihren Briefen mit ihrer Schwägerin Maia Kralik unter anderem über geplante Konzertbesuche und Treffen mit anderen Musikerinnen aus, und bietet so einen Einblick in das damalige kulturelle Geschehen.